SEED Nr.7

Juni 2021

SEED Newsletter zum Nonprofitjournalismus
Der Newsletter zum Nonprofitjournalismus
von Netzwerk Recherche

HERZLICH WILLKOMMEN BEIM SEED-NEWSLETTER!

Liebe Leser:innen,

es gibt tatsächlich ein paar Dinge, die durch die Corona-Pandemie besser geworden sind. Viele sind es nicht, aber auf meiner persönlichen Positiv-Liste stehen da die Radwege auf Berliner Straßen ganz oben. Als die Menschen Busse und Bahnen zum Schutz vor Infektionen meiden sollten, wurden die Streifen als Pop-up-Maßnahme den Straßen abgetrotzt. Nun werden sie an etlichen Stellen dauerhaft bleiben. Das wird Unfälle verhindern und Leben retten, da bin ich sicher.

Nicht ganz so existenziell, aber immerhin ein großer Gewinn für unser Wissen ist der zweite Punkt auf meiner Liste: die Möglichkeit, an weit entfernten Konferenzen, Kursen und Workshops teilzunehmen, in anderen Zeitzonen, digital. So konnte ich vor ein paar Tagen zum Beispiel beim jährlichen Gipfeltreffen des US-amerikanischen Nonprofitjournalismus dabei sein, den INN Days, veranstaltet vom Institute for Nonprofit News. Klar, eine Reise nach Florida, wo die Konferenz vor drei Jahren in der Freizeitparkmetropole Orlando stattfand, hatte sich seinerzeit auch echt reizvoll angehört. Aber der Flug! Die Emissionen! Die Kosten! Letztlich ließ ich es sein.

In diesem Jahr genügte ein Zoom-Link, um teilzunehmen. Zum Auftakt der Konferenz stellte das INN-Team Ergebnisse einer spannenden Untersuchung vor. INN Index heißt die Erhebung, die die Entwicklung der INN-Mitglieder analysiert. Und sie zeichnet ein differenziertes Bild: Auf der einen Seite erlebt das Feld Wachstum, inzwischen produzieren die Nonprofit-Medien jeden Tag im Schnitt 1.000 Stories. Auf der anderen Seite stehen Probleme: Genannt wurde zum Beispiel das Ungleichgewicht zwischen den großen Platzhirschen und den kleinen, lokalen und oft unterfinanzierten Projekten. Viele mussten coronabedingte Umsatzeinbrüche in wichtigen Bereichen verkraften. Mehr dazu in den Lese-Tipps.

Auch wir starten in dieser Woche eine kleine Untersuchung. The New Sector nennen wir das Projekt, in dem unter anderem eine Europakarte all der gemeinwohlorientierten Medien in Europa entstehen soll. Wenn Du für eine solche Organisation arbeitest, schenke uns doch bitte fünf Minuten Deiner Zeit. Wir möchten wissen, wie bunt und vielfältig die Szene bereits ist. Zur Befragung bitte hier entlang. Auch in SEED werden wir nun die spannendsten Medienprojekte aus Europa in kurzen Porträts vorstellen. Den Auftakt macht das belgische Investigativ-Team Apache.

Zu Punkt zwei auf meiner sehr kurzen Liste des von der Pandemie beflügelten Wandels zum Besseren gehört übrigens auch die Selbstverständlichkeit, an Online-Fortbildungen teilzunehmen. Im Frühjahr habe ich einen solchen Kurs besucht, auf der Suche nach Inspiration für die Weiterentwicklung von SEED. „Newsletter strategies for journalists“ hieß der absolut lohnende MOOC, angeboten vom Knight Center for Journalism in the Americas.

Ich habe während des Kurses viele Seiten einer Kladde vollgeschrieben und etliche Anregungen bekommen. Eine ganz konkrete Idee setzen wir heute gleich um – einen „Newsletter-Swap“. Kurz gesagt: Newsletter, deren Leser:innen sich für ähnliche Dinge interessieren, räumen sich gegenseitig Platz ein. Sie tauschen gewissermaßen das Publikum. Und so lesen Sie heute nicht nur von uns, sondern auch von Astrid Csuraji und Bertram Weiß, die mit dem Lüneburger Medien-Startup tactile.news Innovationen im Journalismus vorantreiben. Sie versenden seit einem Jahr den dialogger-Newsletter, der Journalismus als Gespräch betrachtet. Was das konkret bedeutet, lesen Sie in der neuen Rubrik „Freundliche Übernahme“.

Herzliche Grüße

Thomas Schnedler

Wenn Dir der Newsletter gefällt, spread the word. Hier geht’s zur Anmeldung!

THE NEW SECTOR

Mapping & Matching Independent Public-Interest Media Across Europe

Überall in Europa entstehen unabhängige, gemeinwohlorientierte Medien. Mit The New Sector möchten wir diese lebendige journalistische Szene vernetzen, in einer Europakarte sichtbar machen und analysieren. Helft uns dabei!

Seid ihr eine solche Redaktion, vielleicht sogar gemeinnützig? Dann schenkt uns bitte fünf Minuten Eurer Zeit!

Du möchtest mehr wissen oder ein Teil von The New Sector werden? Hier stellen wir unser Projekt ausführlich vor – und hier kannst Du Dich einfach in die Mailing-Liste eintragen! The New Sector ist ein Projekt in Kooperation mit Arena for Journalism in Europe, dem Leibniz-Institut für Medienforschung und dem ZeMKI der Universität Bremen, ermöglicht durch die Schöpflin Stiftung.

NEWS

+++ Save the Date: Die Grow-Stipendien von Netzwerk Recherche und der Schöpflin Stiftung gehen in die nächste Runde. Im August startet die neue Ausschreibung für Gründer:innen im gemeinnützigen Journalismus. Wenn Ihr eine Idee oder ein schon laufendes Projekt mit Rechercheschwerpunkt habt, bekommt ihr von uns neben der Anschubfinanzierung Kontakte in die Szene und jede Menge Know-how. Habt Ihr schon jetzt Fragen dazu? Dann schreibt uns gerne: nonprofit@netzwerkrecherche.de. Stay tuned! +++

+++ Am Start: Da nicht alle Bewerber:innen eines der begehrten Grow-Stipendien ergattern können, sind wir umso glücklicher, wenn die Projekte auch ohne unsere Unterstützung umgesetzt werden. Die Liste kann sich sehen lassen, finden wir. Dazu gehören u. a. der Podcast 55countries mit konstruktiver, differenzierter Afrika-Berichterstattung von Julian Hilgers sowie das Recherchetool Tatort Rechts zu rechten Gewalttaten (via ORN), das Johannes Filter und Anna Neifer erschaffen haben. Ein Team aus Medien- und Medizinstudierenden der Universität Halle-Wittenberg hat das Projekt Diagnose: Unsichtbar zu den Auswirkungen sozialer Ungleichheit auf die Gesundheit realisiert; dazu gehört u.a. der Sozialmedizin-Newsletter Upstream. Die YouTuberin Nalan Sipar ist derweil zu einer wichtigen Stimme in der deutsch-türkischen Community geworden und empfing kürzlich sogar Vizekanzler Olaf Scholz zum Interview. Wir wünschen allen weiterhin viel Erfolg! +++

+++ #FactoryWisskomm: Hinter diesem etwas kryptischen Namen steckt eine Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, eine Art Denkfabrik zur Wissenschaftskommunikation, ein Strategieprozess mit rund 150 Kolleg:innen aus Wissenschaft und Kommunikation. Als Netzwerk Recherche durften wir in den vergangenen Monaten in einer von sechs Arbeitsgruppen über die Zukunft des Wissenschaftsjournalismus nachdenken. Dabei haben wir sehr konkrete Empfehlungen erarbeitet. Spoiler: Auch der gemeinnützige Journalismus soll gestärkt werden. In dieser Woche nun werden die Ergebnisse der Öffentlichkeit präsentiert. Aus dem Sauriersaal des Museums für Naturkunde in Berlin werden Podien, Reden und ein Science Slam im Live-Stream übertragen. Auf der Gästeliste stehen u.a. Mai Thi Nguyen-Kim, Christian Drosten und Jutta Allmendinger. Termin: Mittwoch, 23. Juni 2021, 18.30 bis 20.45 Uhr. Mit Bedacht dürften die Organisator:innen auch die Zeit für das Ende der Veranstaltung festgelegt haben: 15 Minuten später wird das EM-Spiel zwischen Ungarn und Deutschland angepfiffen. +++

+++ Abgekartet: Der gemeinnützige Katapult-Verlag um den erfolgreichen wie streitbaren Benjamin Fredrich macht seit Anfang Juni Regionaljournalismus in Mecklenburg-Vorpommern. Dank eines extrem erfolgreichen Crowdfundings startete Katapult MV mit einer neunköpfigen Redaktion und soll weiter wachsen. Das Angebot ist eine Mischung aus Katapult-typischen Karten und klassischen Artikeln. +++

+++ Umsonst und lokal: Correctiv startet für Mitglieder seines Lokaljournalismus-Netzwerks kostenlose Weiterbildungsangebote. Jeden Monat geht es um ein anderes Thema, etwa Faktenchecks zur Bundestagswahl, Umgang mit Informant:innen oder Auskunftsrechte. Gefördert wird die neue Workshop-Reihe durch die Alfred Toepfer Stiftung. +++

+++ Never ever ending story: Die viel kritisierte Presseförderung ist (vorerst) vom Tisch. Da die als Zustellförderung geplante und holterdiepolter in eine Digitalförderung umgewandelte Hilfe für die Verlage erstens niemand wirklich wollte, sie zweitens möglicherweise nicht verfassungskonform war (die Krautreporter hatten Klage angedroht) und drittens die zuletzt geplante Notlösung eines Corona-Notfallfonds durch den Haushaltsausschuss des Bundestags gestoppt wurde, kriegt jetzt niemand die 220 Millionen Euro. Während die Verlage schäumen, sieht Medienökonom Christopher Buschow darin die Chance, endlich eine „ernstzunehmende Innovationsförderung“ zu beschließen, unabhängig von Mediengattung und Unternehmensform. Fortsetzung folgt. +++

+++ Chance vertan: Ein erneuter politischer Vorstoß (diesmal von den Grünen im Bundestag) zur Anerkennung der Gemeinnützigkeit von Journalismus ist am Widerstand der Regierungskoalition sowie der AfD und der FDP gescheitert. Außerdem hat die Bundestagsfraktion ein Gutachten in Auftrag gegeben, um auszuloten, wie Lokal- und Regionaljournalismus mit öffentlichen Mitteln gefördert werden könnten, ohne die redaktionelle Unabhängigkeit zu gefährden. Das Fazit des vom Mainzer Medieninstituts angefertigten Berichts: Eine solche Förderung ist möglich – vor allem auf Landesebene. Zur Verteilung der Gelder schlagen die Wissenschaftler:innen unabhängige Institutionen „ähnlich den Landesmedienanstalten“ vor. +++

FREUNDLICHE ÜBERNAHME

Sie können Buzzword-Bingo nicht ausstehen? Sie testen Ideen lieber auf Praxistauglichkeit, statt lange zu palavern? Dann sind Sie bei uns an der richtigen Adresse. Bei uns, dem dialogger. Denn hier schreibt das Team dialogger von tactile.news. Wir versenden monatlich einen Innovationsbrief. Und Sie baden gerade darin. Dies hier ist nämlich ein Newsletter-Swap (klingt wie Überfall, ist es auch!).

Warum wir swappen, also den Seed-Newsletter an dieser Stelle gekapert haben? Damit Sie die Chance haben, mehr über den Dialogjournalismus zu erfahren, der uns umtreibt. Wir wollen besser verstehen, wie Redaktionen und Publikum ein Team werden und gemeinsam Journalismus besser machen. Deshalb suchen wir Inspirationen von anderen und teilen die zusammen mit eigenen Erfahrungen im dialogger. Weil wir selber Dialog wollen. Sie auch?

Neben eigenen Projekten erleben wir auch anderswo, wie aus alten Appellen für mehr Dialog echt Neues entsteht: Medienhäuser organisieren Live-Events, journalistische Neugründungen experimentieren mit Membership-Modellen, Theater und Bibliotheken kooperieren mit Redaktionen.

Wir finden: Es ist an der Zeit, sich über solche Erfahrungen auszutauschen. Wir wollen voneinander lernen. Und andere anstiften – für mehr Partizipation. Mehr Miteinander. Mehr Community. Das machen wir zum Beispiel mit gut gekaperten Ideen von anderen, die wir in unserer Rubrik ‚inspire me‘ für unsere Leser:innen zusammenstellen. Wollen Sie sich ab sofort mit anstiften lassen? Dann geht’s hier entlang zum kostenlosen dialogger-Abo.

Wir freuen uns, Sie dort wiederzutreffen. Die nächste Ausgabe erscheint schon am 25. Juni 2021.

Herzlich grüßen

Astrid Csuraji und Bertram Weiß 

P.S.: Beim dialogger lieben wir PS. Denn die schönsten Dinge fallen einem ja oft erst hinterher ein.

P.P.S.: Herzliche Grüße an die Kolleg*innen der Republik, die bereits ausprobieren, wie aus Leser:innen Mit-Verleger:innen werden – und die die Kunst des Postskriptums am allerbesten beherrschen.

P.P.P.S.: Wir gehören zur Sorte „Laber nicht, mach“. Daher finden Sie hier drei Inspirationen aus dem dialogger – zum Nachmachen und frei Haus:

RECHERCHE ERLEBEN Im Pop-Up-Store des Journalisten Marco Maurer lässt sich die Recherche zu seinem Buch „Meine italienische Reise“ unmittelbar erleben. Erweitert wird die Erlebniswelt im Internet durch Veranstaltungen via Instagram Live. Wer es nicht nach Hamburg schafft, kann virtuell reinschauen: HIER

MENTORING LinkedIn dreht den Spieß um: Die Plattform macht jetzt Berufseinsteiger:innen zu Coaches für etablierte Führungskräfte. Damit diese neue Perspektiven und Methoden kennenlernen: HIER

WORDING Audience oder Community? Da geht oft viel durcheinander. Dieser Text erklärt kurz und knapp, wo die Unterschiede liegen. Und warum es so wichtig ist, sich auf die wirklich Begeisterten zu konzentrieren: HIER

MEET THE NEW SECTOR

Das ist der neue Sektor: Ein Blick auf gemeinwohlorientierte Redaktionen in Europa.
Heute: Apache (Belgien)

Eine französische Künstlergruppe aus dem frühen 20. Jahrhundert ist die Namenspatronin einer kleinen belgischen Investigativ-Redaktion mit Sitz in Antwerpen. Als „les Apaches“ wurden damals eigentlich Straßengangs aus den Pariser Elendsquartieren bezeichnet, die (mit krimineller Energie) gegen das Bürgertum aufbegehrten. Dieser emanzipatorische Geist inspirierte erst die Künstlergruppe um den Komponisten Maurice Ravel und Jahrzehnte später die Namensgebung von apache.be – einer genossenschaftlich organisierten Redaktion, die auf finanzielle Unterstützung von Leser:innen und Anteilseigner:innen setzt statt auf Werbefinanzierung.

Nach Jahren des moderaten Wachstums geriet das Modell Ende 2019 in Schieflage, ein Teil der Redaktion musste gehen. Doch dann kam die Pandemie und mit ihr ein großes öffentliches Bedürfnis nach verlässlichen Informationen. Auftritt Apache.

Ein halbes Jahr später hatte das Team um Geschäftsführer Bram Souffreau die Mitgliederzahlen um ein Fünftel gesteigert. Geholfen haben dabei ein Corona-Newsletter und eine Ausnahme: „Im ersten Lockdown haben wir uns entschieden, eine Auswahl der wichtigsten Texte zu Corona frei zugänglich zu machen, damit sich jeder informieren konnte“, sagt Souffreau, der sonst auf eine strikte Paywall setzt.

Heute wissen 1.900 Genoss:innen und mehr als 6.000 zahlende Leser:innen die hintergründigen Geschichten und investigativen Recherchen von Apache zu schätzen. In diesem Jahr ging sogar eine vierteljährlich geplante Printausgabe an den Start. Trotz des wirtschaftlichen Schubs durch die Pandemie: „Die größte Herausforderung bleibt, das Unternehmen finanziell nachhaltig aufzustellen“, sagt Souffreau. Helfen sollen dabei unter anderem Kooperationen mit vergleichbaren Redaktionen in Europa – genau dafür ist The New Sector ja da. (mw)

 

LESE-TIPPS

1.000 STORIES PRO TAG

INN Index zum Status Quo des amerikanischen Nonprofitjournalismus erschienen

Pandemie, Black Lives Matter Bewegung, Präsidentschaftswahl. 2020 war ein außergewöhnlich intensives Jahr für amerikanische Medien – und ein erfolgreiches für den Nonprofitjournalismus. Mehr Leser:innen, höheres Spendenaufkommen und gestiegene Zuwendungen von Stiftungen ließen den Sektor laut aktuellem Jahresbericht des Institute for Nonprofit News so stark wachsen wie seit dreizehn Jahren nicht. Allerdings profitierten nicht alle gleichermaßen. So verteilten sich mehr als 70 Prozent der Stiftungsgelder auf 20 Prozent der Nonprofitorganisationen – meist längst etablierte, große Player. Auf lokaljournalistische Projekte, die immerhin ein Drittel des Feldes ausmachen, entfielen nur 13 Prozent der Stiftungsgelder.

STEUERVERMEIDUNGSSTRATEGIEN I

Wie die reichsten Männer der Welt das amerikanische Steuersystem austricksen

ProPublica konnte geheime Unterlagen der amerikanischen Steuerbehörde IRS einsehen und so belegen, dass Multimilliardäre wie Jeff Bezos, Elon Musk oder Warren Buffett mitunter keinen Cent an Einkommenssteuer bezahlen – und das völlig legal. Die Autoren schreiben, ihre Enthüllungen zerstörten den Mythos des US-Steuersystems, wonach jede:r einen fairen Anteil zahle. Aus den Unterlagen leiten sie für die 25 wohlhabendsten Amerikaner:innen einen durchschnittlichen Steuersatz von gerade einmal 3,4 Prozent ab.

STEUERVERMEIDUNGSSTRATEGIEN II

Warum die EU ein Steuerparadies für Weltkonzerne ist

Was Multimilliardär Jeff Bezos kann, kann der von ihm gegründete Weltkonzern Amazon auch: Steuerschlupflöcher ausnutzen. Europa lädt Unternehmen wie den Internetriesen förmlich dazu ein. Eine Recherche von Investigate Europe und dem französischen Magazin Contexte zeigt auf, wie Amazon trotz eines Umsatzsprungs in der Corona-Pandemie darauf EU-weit keinen Cent an den Fiskus abtreten musste. Im Gegenteil. Die deutsche Regierung spielt im „Steuerdilemma der EU“ eine unrühmliche Rolle.

KONSTRUKTIVER JOURNALISMUS

Studie des Grimme-Instituts fordert mehr Forschung und Experimente in der Praxis

Vor ein paar Tagen bekam die Idee, in Deutschland ein Institut für konstruktiven Journalismus zu gründen, einen prominenten Fürsprecher: Der CDU-Vorsitzende und Kanzlerkandidat Armin Laschet sagte beim Global Media Forum der Deutschen Welle die Unterstützung der NRW-Landesregierung beim Aufbau eines solchen Instituts zu. Warum Forschung und Lehre zum lösungsorientierten Journalismus Sinn machen, hatten kurz zuvor die Journalistinnen Ellen Heinrichs und Alexandra Haderlein (ja, genau – unsere Nürnberger Grow-Stipendiatin) in einer Studie des Grimme-Instituts untersucht. In der Analyse skizzieren sie einen interessanten Mechanismus: Lösungsorientierte Formate münden demnach oft in einen konstruktiven Dialog der Journalist:innen mit dem Publikum, dies führe zu größerer Nähe, stärke so das Vertrauen der Menschen in Medien und schaffe damit eine zentrale Voraussetzung für erfolgreiche Abo- oder Mitgliedschaftsmodelle und die Finanzierung der Arbeit. Diese Zauberformel für die Zukunft des Journalismus soll nun weiter erforscht werden.

AUS DER WISSENSCHAFT

Das Science Media Center und die Aktion „Together for Fact News“

Wer in diesem Monat durch Heidelberg läuft, der kommt an einem Riesenplakat vorbei. Darauf wirbt der Arzt und Fernsehmoderator Eckart von Hirschhausen für die Initiative „Together for Fact News“, die sich für einen evidenzbasierten Journalismus über Wissenschaft einsetzt. Hinter der Aktion steht das Science Media Center, unterstützt von der Heidelberger Klaus Tschira Stiftung. Das Plakat an der Fassade eines Kaufhauses am Bismarckplatz ist ein echter Hingucker. Zugleich passt es gut zu den Befunden, die die beiden Forscherinnen Irene Broer und Louisa Pröschel in einem aktuellen Paper des Hamburger Leibniz-Instituts für Medienforschung beschreiben. Sie haben während der Corona-Pandemie die Arbeit des Science Media Centers intensiv begleitet und erforscht, wie die gemeinnützige Einrichtung ihre Rolle als Intermediär zwischen Wissenschaft und Journalismus ausfüllt. Mit dem Start der Initiative „Together for Fact News“ deute sich nun aber ein Wandel an: Das Science Media Center werde „vom Akteur, der lediglich im Hintergrund praktischen Journalismus unterstützt, zu einer Organisation, die zunehmend auch eigenständig und werteorientiert in Erscheinung tritt.“ Die Autorinnen der Studie erzählen in einem Podcast ihres Instituts – dem BredowCast – mehr über die Ergebnisse.

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Hast Du kürzlich eine spannende Recherche von einer gemeinnützigen Redaktion gelesen? Hast Du Ideen, wie wir SEED weiterentwickeln können? Fehlt etwas? Schreib uns dazu eine E-Mail, wir freuen uns über Hinweise und Feedback.

IMPRESSUM

Herausgegeben von Netzwerk Recherche e.V.

Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin

Telefon: 030 49854012
www.netzwerkrecherche.org

Kontakt: seed@netzwerkrecherche.de

Vertretungsberechtigte Vorstandsmitglieder: Julia Stein, Cordula Meyer, Renate Daum

Eingetragen im Vereinsregister des Amtsgericht Charlottenburg, Vereinsnummer VR 32296 B.

Redaktion:
Dr. Thomas Schnedler (ts),
Malte Werner (mw)

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Der SEED-Newsletter ist Teil des NR-Projekts zum Nonprofitjournalismus, das von der Schöpflin Stiftung gefördert wird.